Kurfürst-Joachim-Friedrich-Gymnasium Wolmirstedt

Besuch von Joseph und Eliazan Schwartz aus New York in Hillersleben und Farsleben

Angehörige von Überlebenden in Hillersleben, Foto K. Petersen

Am 23. Dezember 2018 machten sich zwei Menschen auf den weiten Weg aus New York nach Hillersleben, um einer ganz besonderen Tradition nachzukommen, die mit einer ganz besonderen Geschichte des Dorfes Farsleben verbunden ist.

Joseph Schwartz und sein Sohn Eliazen sind Angehörige von 28 Juden, die in einem Zug aus Bergen-Belsen auf dem Weg nach Theresienstadt waren, aber in Farsleben hielten und von amerikanischen Soldaten am 13. April 1945 befreit wurden. Angesichts dessen und der bevorstehenden Hochzeit Eliazens, reisten beide von New York nach Israel, Hillersleben und Farsleben, um der jüdischen Tradition nachzukommen die Seelen der toten Familienmitglieder zur Hochzeit einzuladen.

Im Zusammenhang mit der Aufarbeitung dieses Ereignisses vom April 1945, die durch unsere Projektgruppe „Gestrandeter Zug“ unter der Leitung von Frau Petersen erfolgen soll, machte ich mich zusammen mit ihr und Frau Pilz, der Leiterin des Wolmirstedter Museums, auf den Weg nach Hillersleben, um Joseph und Eliazen Schwartz zu treffen und mit ihnen gemeinsam die Geschichte des Zuges zu erforschen.

Die Ruinen des ehemaligen DP-Camps in Hillersleben, Foto K. Petersen
Die Ruinen des ehemaligen DP-Camps in Hillersleben, Foto K. Petersen

Wir fuhren zunächst nach Hillersleben zum ehemaligen Lazarett, wo unsere Zeitzeugen bereits mit Klaus-Peter Keweloh, einem Hobbyhistoriker aus Hillersleben, und seinem Sohn Daniel warteten. Da die beiden New Yorker nur Englisch sprachen, übersetzte Daniel Keweloh, um alle wichtigen Informationen zu vermitteln und ihre Fragen zu beantworten. Nach der Erkundung des ehemaligen Krankenhauses gingen wir nun zum jüdischen Friedhof in Hillersleben, um den Angehörigen die Möglichkeit zu geben ihrer Tradition nachzukommen und am Grab der Familie zu beten. Von den 28 Verwandten im Zug starb nur einer vor Ort, dem mit diesem Grabstein gedacht wird.

Im Gespräch mit den Besuchern aus New York, Foto K. Petersen

Danach begaben wir uns noch zu einem anderen Friedhof in Hillersleben, auf dem mit einem Gedenkstein ebenfalls an die zahlreichen Opfer des Holocausts erinnert wird.

Als nächstes fuhren wir nun zu den Bahngleisen nach Farsleben, wo damals vor 74 Jahren der Zug hielt und so viele Menschen vor dem Tode bewahrt wurden. Nicht nur für die Angehörigen war es eine emotionale Begegnung mit ihrer Familiengeschichte, sondern auch für mich war der Anblick dieses Ortes, den ich bisher nur von Bildern kannte, eine sehr fesselnde Erfahrung.

Außerdem gesellte sich hier in Farsleben auch Frau Billowie von der Volksstimme zu uns, um den Besuchern aus New York für einen Zeitungsartikel Fragen zu stellen.

Joseph und Eliazan Schwartz in Farsleben, Foto K. Petersen

Nach einer weiteren kurzen Besichtigung des Farslebener Friedhofs, setzten wir uns nun noch einmal alle in Ruhe zusammen, um weitere Fragen beantwortet und Themen besprochen zu bekommen. Gespannt höre ich den Geschichten, die Joseph und Eliazen Schwartz zu erzählen haben, zu und merke wie mein Interesse für dieses Thema immer weiter geweckt wird.

Von den 28 Mitgliedern der Familie Schwartz, die sich damals im Zug befanden, leben heute noch acht. Rund 2400 Menschen kamen in dem Zug in Farsleben damals an. 2400 Schicksale, von denen ich, besonders nach diesem Tag, mehr erfahren will, um sie und ihren Mut zu würdigen.

Johanna Mücke